Letzte Hilfe und kleine Werkzeugkunde
So, dieses Mal mussten wir nicht lange auf den dritten Ausbildungstag warten. Am Montag, 10. September trafen wir uns wieder einmal beim Revierstützpunkt an der Reitplatzstrasse. Da wir 16 Teilnehmer waren, wurden wir gleich in zwei Gruppen eingeteilt. Die einen gingen mit Gregor in den Wald und wir anderen acht durften uns einem Ersten Hilfe-Kurs unterziehen. Als ich noch in die Pfadi ging (das ist schon über zwanzig Jahre her – aber: Psssst! Nicht weitersagen!), mussten wir noch GABI lernen. Gut zehn Jahre später besuchte ich einen Nothelfer-Kurs im Hinblick auf den Fahrausweis Kat. B, da galt ABC. Und wieder sechs Jahre später während meines Fitness-Instruktoren-Lehrgangs kam BLS. Dort hiess es schon, GABI und ABCD-Schema könne man komplett vergessen. Ja, was gilt nun? Ich weiss nicht, wie es den andern erging. Aber je mehr Nothelfer-Kurse ich mache desto verwirrter bin ich schlussendlich. Die Angst des Versagens an einer Unfallstelle ist dann so gross, dass eine Blockade entsteht und man sich unfähig fühlt, Hilfe zu leisten – deshalb bezeichne ich das Ganze eher als «Letzte Hilfe». Kommt hinzu, dass man wegen unterlassener Hilfe angezeigt werden kann…
Jedoch kann ich den Leser dieser Zeilen beruhigen: In diesem Ersthelferkurs, der von der Samaritervereinigung der Stadt Winterthur organisiert wurde, ging es darum, uns die lebensrettenden Sofortmassnahmen so einfach wie möglich zu erklären. Zuerst gingen wir alle wichtigen Telefonnummern durch: Die Erstwahl ist der Notruf/Sanität (144); bei Bränden, Personen, die in Autos eingeklemmt sind, Öl- oder Chemie-Unfälle (oder Katze auf dem Baum) die Feuerwehr (118); die (multitaskingfähige) Polizei (117); im schwer zugänglichen Gelände die Rega (1414); das toxikologische Zentrum (145) hilft bei Vergiftungen jeder Art (jedoch ohne eigenes Sanitäter-Korps) telefonisch weiter; und zu guter Letzt der Europäische Notruf (112), der für ganz Europa (ja, auch alle Nicht-EU-Staaten) gilt. Nun, was macht man als Ersthelfer, wenn man an eine Unfallstelle kommt? Auf jeden Fall die Unfallstelle absichern, damit der Helfer den Verunfallten und sich selbst nicht in Gefahr bringt. Eine Person, die reglos am Boden liegt, sollte man erst einmal gut hörbar ansprechen. Falls man als Ersthelfer keine Antwort erhält, die am Boden liegende Person etwas feste in den Oberarm kneifen. Wenn sich der Verletzte nicht rührt, überprüfen, ob er noch atmet. Ist dies der Fall, bringt man den Verletzten in die stabile Seitenlage und verständigt den Notruf (in den meisten Smartphones gibt es im Sperrbildschirm eine Direktfunktion zum Notruf – ja, auch bei einem iPhone 4!). All dies übten wir in Zweiergrüppchen. Ebenfalls schauten wir uns die Massnahmen bei Rückenverletzungen an und dass man bei Velo- oder Töfffahrern den Helm wegen Erstickungsgefahr auszieht (auch da wurde mir früher etwas anderes erzählt…) – am besten geht das mit zwei oder drei Personen, wo einer beim Verletzten den Nacken stützt und ein anderer den Helm auszieht. Der Halsschienengriff schützt vor weiteren Verletzungen an der Wirbelsäule. Für unsere deutschen Ranger-Kollegen war das mit der stabilen Seitenlage relativ neu, ihnen war eher der sog. NATO-Griff bekannt, was eher brutal aussah. Da sind wir Schweizer dann doch netter zu den Verletzten – schliesslich sind wir ja glücklicherweise kein NATO-Mitglied, sondern offiziell neutral 😉
Wir hoffen jetzt mal, dass es bei uns Ranger keine Verletzten geben wird.
Die Zeit ging schnell rum und die Pause stand vor der Tür. Nach dem Znüni kam der Gruppenwechsel und wir fuhren mit Giovanni und Gregor in den Eschenberg und erhielten eine kleine Lektion über die Spielregeln im Wald. Gerade bei Holzarbeiten wie jetzt (wegen Borkenkäfer) müssen Wege aus Sicherheitsgründen abgesperrt werden. Dies geschieht mit einem gelben Transparent mit den drei Symbolen (Allg. Fahrverbot, Reitverbot, Verbot für Fussgänger). Und dies gilt sowohl mittags, nachts wie an Wochenenden – es könnten noch Äste herunterfallen, etc. pp. Falls sich jemand nicht daran hält und erwischt wird, ist es die Aufgabe der Förster, die Person über die Gefahren aufzuklären/informieren. Wer sich nicht daran hält, ist selber schuld. Wir fuhren noch tiefer in den Wald hinein, ein Stück entlang des Vitaparcours, wo noch eine Holzschlag-Tafel dort stand. Von Mücken geplagt folgten wir Gregor einem schmalen Pfad hoch, als wir plötzlich vor einer Kiwi-Pflanze stehen blieben und fragten uns, ob diese auch zu den invasiven Neophyten gehört. Stehen lassen oder ausreissen? Wir werden sehen.
Da der Herbst schon im Anflug ist, neigt sich die Goldruten-Saison langsam aber sicher dem Ende zu. Bald heisst es Laubrechen. Gregor instruierte uns über die Handhabung des Laubwerkzeugs – keine verrückte Sache, es sei denn, man weiss nicht, wohin mit dem Laub… Vom Weg weg, nämlich. Bei einer Steigung sollten die Blätter unterhalb eines Weges kehren – würde man es anders machen, käme das ganze Laub mit dem nächsten Wolkenbruch wieder runter auf den Weg… Wir werden uns demnächst sicherlich dem geschnittenen Gras und Schilf im Stadtgebiet widmen. Wir fuhren ein wenig zurück an eine Stelle oberhalb der Breiti mit mehreren Sitzbänken und Feuerstelle. Gregor erklärte uns Wissenswertes über Feuermachen im Wald. Hier in Kürze: In der Schweiz existiert kein Gesetz, das Feuermachen in der Natur grundsätzlich verbietet. Auf kantonaler und kommunaler Ebene kann das Feuermachen jedoch eingeschränkt oder verboten werden wie in Naturschutzgebieten oder bei längerer Trockenperiode wie diesen Sommer. Schweizweit gibt es über 500 bestehende Feuerstellen, es empfiehlt sich, diese zu benützen. Falls aber doch keine vorhanden sein sollte, gilt folgendes: Nie zu nahe an Bäumen Feuer machen, damit Rinde und Wurzeln nicht beschädigt werden; nach oben sehen, damit keine herabhängenden Äste zu heiss bekommen; sicherstellen, dass das Feuer aus ist, wenn man die Stelle verlässt und Spuren beseitigen, das heisst den Feuerplatz so hinterlassen wie man ihn vorgefunden hat.
Ein bisschen Wiederholung von den letzten Ausbildungstagen gab’s auch noch (wie soll man sich all die Merkmale von den vielen Laub- und Nadelgehölzen merken???). Dann ging es Richtung Eschenbergturm, wo Giovanni vorher ein hübsches Feuer für uns alle machte. Schön sieht es nun aus, der Platz beim Turm, mit vielen Sitzgelegenheiten zwei Feuerstellen und einer grossen Abfallstation, dank der das Littering nicht mehr allzu schlimm sein sollte. Nach dem Essen, gab’s von Gregor eine kleine Instruktion über den (ergonomischen) Umgang mit den gängigen (Wald-)Werkzeugen (Nein, keine Motorsäge!). Bei einer Schaufel beispielsweise benutzt man das Knie als Stütze, um den Rücken zu schonen. Auch beim Pickel/Spitzhacke gilt: Gerader Rücken! Weiter ging es zu den Schnitttechniken der Baumschere, der verlängerbaren Astschere und der Umgang mit der Klappsäge (Okay, ich gebe es offen zu: Bei meiner Arbeit als Hilfsarbeiterin Gemüsebau missbrauche ich Astscheren, um Weiss- und Rotkohl zu ernten – mit den blinden Rüstmessern bei kalten Temperaturen braucht man ewig! – und mit der Astschere geht das wie Butter).
Gregor zeigte uns noch einen riesigen Waldameisenhaufen und wies uns darauf hin, einen grossen Abstand zu nehmen, da die fleissigen Sechsbeiner empfindlich auf Störung reagieren. Zu guter Letzt sassen wir wieder versammelt bei den Sitzgelegenheiten beim Turm und erhielten noch eine kleine Broschüre zu den Verhaltensregeln im Wald, nahmen diese noch einmal durch – jetzt sollte es wohl allen klar sein. Dazu wurden wir Neulinge mit den wichtigsten Utensilien wie Arbeitshandschuhe, Unkrautstecher ausgerüstet. Das war’s für den dritten Ausbildungstag, der nächste und letzte findet am 24. Oktober beim Bruderhaus statt und ich bin schon sehr, sehr, sehr gespannt auf das Thema Tiere und Jagd.
Damaris Bächi
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