Nach langer Sommerpause und etlichen Ranger-Einsätzen kamen wir am Donnerstag, 23. August in den Genuss des zweiten Ausbildungstags zu den Themen Naturschutz, Pflanzenkenntnis, Neophyten. Wir Neu-Ranger trafen uns alle am Haupteingang der Winterthurer Stadtverwaltung, beim «Super-Block». Als erstes erhielten wir von der Abteilung Biosicherheit des Kantons Zürich eine Einführung zum Kantonalen GIS über Computer sowie zur Neophyten-App. Wir Winti Ranger können künftig Entdeckungen von Neophyten sowohl im Web als auch in der App erfassen und können die Beobachtungen aktualisieren. Es ist möglich, anhand der Karte invasive Pflanzen nach Quadratmeter bzw. nach Dichte und Bekämpfung anzugeben. Diverse Symbole und Funktionen wurden uns erklärt und – glücklicherweise – erhielten wir eine Anleitung (keine Angst, liebe Alt-Ranger, wir werden euch da à jour halten ;-)). Bei der Neophyten-App ist noch folgendes zu beachten: Die App ist nicht für alle Smartphones gleich tauglich. Da ich ein altes iPhone 4 besitze, wird das Herunterladen der App nicht möglich sein. iShit! Die Einführung war relativ kurz und offen gestanden nicht wirklich spannend. Ich war froh, als wir in den zweiten Teil wechselten, zum Friedhof Rosenberg. Dort gab es erst von Gregor Fiechter eine kurze Wiederholung des Gelernten vom 1. Ausbildungstag und Erläuterungen zu Naturschutz. Was ist denn überhaupt Naturschutz? Laut Wikipedia ist es das Ziel des Naturschutzes, «Natur und Landschaft auf Grund ihres eigenen Wertes und als Lebensgrundlagen des Menschen zu erhalten». Nach Gregors Ansicht sollte man dies eher als Naturpflege bezeichnen. Würden wir Naturschutz ernstnehmen, müssten wir die Natur vor uns Menschen schützen… 😉
Auch manche Pflanzen und vereinzelte Neophyten wurden uns vorgestellt wie die nicht heimische, invasive Armenische Brombeere. Wir liefen ein Stück durch den Lindberg-Wald, bevor wir Mittagessen konnten. Wegen des von der Stadt Winterthur verhängten Feuerverbots mussten wir auf Grillieren verzichten. Nach dem Essen ging es weiter mit einem Rundgang durch den Lindberg, grösstenteils durchs Dickicht. Die Nordamerikanische Goldruten (Solidago canadensis / Solidago gigantea), das einjährige Berufkraut (Erigeron annuus) sowie den Sommerflieder (Buddleja davidii) kennen wir ja bereits – diese haben wir in vielen Beiträgen ausführlich beschrieben. Neu war hingegen für mich eine Kletterpflanze aus China mit dem Namen Henrys Geissblatt (Lonicera henryi). Diese umschlingt die Bäume und hemmt den Unterwuchs. Ein solches Beispiel bekamen wir zu sehen, wo ein junger Baum vom Geissblatt völlig verformt wurde, sodass Gregor daraus einen lustigen Wanderstock machen konnte. Eine weitere nicht einheimische Pflanze, die in Kombination mit Sonnenlicht phototoxisch wirkt und Hautverbrennungen ersten bis zweiten Grades verursachen kann, ist der Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum). Dieser stammt aus dem Kaukasus und kann bis zu fünf Meter hoch werden. Ich kenne diese Pflanze aus dem Dokumentarfilm «Wildes Russland», wo kaukasische Volksgruppen mit den getrockneten Stängel unter anderem Flöten basteln. Kein Witz!
Als wir in die Nähe der Gemeindegrenze Winterthur / Seuzach kamen zeigte uns Gregor eine Stelle, an der einige Tannen gefällt wurden. Wegen der langen Trockenheit und der Hitze empfanden Borkenkäfer wie der Buchdrucker die Nadelbäume als Schlaraffenland – leider nicht nur im Lindberg! Die Einbohrlöcher erkannte man am braunen Bohrmehl unter den Rindenschuppen.
Wir liefen der Gemeindegrenze entlang als wir an einem Stück im Privatwald mit meterhohem Drüsigen Springkraut (Impatiens glandulifera) ankamen. Als wir uns vom Erstschock erholt hatten, zupfte Gregor ein solches Springkraut aus (geht ganz leicht, denn die rot gefärbten Wurzeln sind locker im Boden) und demonstrierte uns wie hohl die Pflanze im Innern ist. «Damit kann man wunderbar Musik machen» – Klocks, klocks, klocks. Schlimm beim Drüsigen Springkraut ist, dass es einerseits die Samen weit schleudert und andererseits durch ihre dichten Bestände die einheimische Vegetation verdrängt und somit zu Erosionen entlang von Flussufern führen kann.
Weitere invasive Neophyten, die im Kanton Zürich als bekämpfungspflichtig gelten sind: Das Schmalblättriges Greiskraut (Senecio inaequidens) aus Südafrika, enthält Pyrrolizidinalkaloide, die für Mensch und Tier sehr giftig sind; berühmt-berüchtigt das aus Nordamerika stammende Aufrechte Traubenkraut, welches wir wohl besser unter dem Namen Ambrosia kennen (Ambrosia artemisiifolia). Laut dem Bundesamt für Gesundheit sind besonders die Pollen der Ambrosia eine Gefahr für den Mensch, da sie heftige Allergien verursachen oder sogar zu Asthmaanfällen führen! Deshalb ist diese Pflanze in der ganzen Schweiz bekämpfungs- und meldepflichtig; der Götterbaum (Ailanthus altissima) aus China und der koreanischen Halbinsel ist schnellwüchsig und durch Flugsamen sowie Wurzelausläufer vermehrt er sich sehr stark, sodass die einheimische Vegetation verdrängt wird; ebenfalls bekannt ist der Japanische Staudenknöterich (Reynoutria japonica), der bis zu drei Meter hoch wird. Selbst kleinste Pflanzenteile bilden neue Pflanzen, die zu dichten Monokulturen werden und zu Schäden an Bauten führen. Zudem verursacht dieser Knöterich Erosion an Ufern; der giftige Essigbaum (Rhus typhina) kommt ursprünglich aus dem Osten Nordamerikas, ist zäh und bildet bis zu zehn Meter weit reichende Wurzeln – viel Spass beim ausreissen…; die Vielblättrige Lupine (Lupinus polyphyllus), ebenfalls aus Nordamerika breitet sich via Samen und unterirdische Triebe stark auf Weideflächen aus und ist giftig für Tiere; Topinambur (Helianthus tuberosus) – schon wieder ein Vertreter von der anderen Seite des atlantischen Teichs! – sieht der Sonnenblume sehr ähnlich und bildet zur Ausbreitung Knollen am Boden, die man übrigens essen kann, jedoch zu Erosion entlang von Flussufern führen; Und das Beste zum Schluss: Der Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus), den wir alle kennen und dessen Beeren die Vögel lieben, bildet lokal dichte Bestände, wird bis sechs Meter hoch und wurde 2013 zur Giftpflanze des Jahres gewählt. Weitere Informationen gibt es auf Neobiota, Infoflora oder bei der Fachstelle Naturschutz vom Kanton Zürich.
Nach dieser Exkursion im Lindberg ging es wieder zurück zum Friedhof Rosenberg, wo wir uns verabschiedeten. Trotz wetterbedingten Kopfschmerzen und Hitze (gut zwei Stunden später folgte ein Gewitter mit heftigem Wolkenbruch) war ich wesentlich aufnahmefähiger wie am ersten Tag. Die Vorfreude für den dritten Ausbildungstag am 10. September wächst auf jeden Fall!
Däme Bächi
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